Am Anfang, als Midgard jung und unschuldig war, herrschte Krieg im Reich der Götter. Asen und Wanen, die älteren und die jüngeren Götter, lagen im Zwist miteinander. Lange währte dieser und Odin war es zu verdanken, dass nun Frieden herrscht. Doch dies ist eine andere Geschichte. Als Asen und Wanen sich zu einem großen Feste trafen, um den neuen Frieden zu feiern, spuckten sie gemeinsam in einen Kessel, um die Verbindung der Göttergeschlechter zu heiligen. Den Speichel verrührten sie, bis er zu gären begann und aus dem Kessel ein Mann von schöner Gestalt und unglaublicher Weisheit stieg. So wart Kvasir, der Göttersohn, geboren. Doch was ist hat das jetzt mit dem sogenannten Skaldenmet zu tun?
Kvasir & der Skaldenmet
Das Beste aus beiden Göttergeschlechtern vereinte Kvasir in sich: Schönheit, Weisheit und Demut. Er war ein Weiser und Ratgeber und wurde ausgesandt, um zwischen Menschen, Alben, Zwergen und Riesen zu vermitteln. Überall fand sein Wort Gehör. Selbst Riesen brachte er dazu, von ihrem Untun den Menschen gegenüber abzulassen. Doch eine solche Weisheit wird nicht überall mit Wohlwollen gesehen. Die Zwergenbrüder Fjalar und Galar neideten diese Weisheit und erdachten gar bösen Plan. Kvasir sollte sterben. Sie luden ihn ein und bei Speis und Trank schlugen sie ihm den Kopf ab. Sein Blute fingen sie auf und brauten aus jenem mithilfe von Honig und Zauberei den Skaldenmet. Einen magischen Trunk, der einem die Weisheit und Dichtkunst des Kvasirs schenkte, sobald man ihn trank.
Fjalar & Galars Schicksal
Zu Beginn schwiegen die Zwerge über den Mord und belogen die Götter. Diesen erzählten sie, sie wüssten nicht, wo Kvasir sei. Er habe sie bei bester Gesundheit verlassen. Doch wenn sie schon mit dem Mord an einem Gott durchkamen, so dachten die Brüder, würden sie mit allem durchkommen. Sie luden den Riesen Gilling und dessen Frau ein. Mit List brachten sie Gilling dazu, mit ihnen zu fischen. Als sie draußen auf dem Meer waren, ließen sie das Boot kentern und Gilling ertrank. Dessen Frau erschlugen sie mithilfe eines riesigen Wetzsteines. Nun wurden die Zwerge übermütig und prahlten mit den Morden sowie damit, dass sie den Skaldenmet besäßen.
Suttungs Genugtuung
Suttung, der Sohn Gillings, war ein Riese von beachtlicher Stärke. Sobald er erfuhr, was seinen Eltern widerfahren war, machte er sich auf, Buße zu fordern. Mit roher Gewalt überwältigte er Fjalar und Galar, knebelte und fesselte sie. Er fuhr mit ihnen an das Riff, wo sie seinen Vater hatten ertrinken lassen. Dort setzte er sie bei Ebbe auf einen Felsen und beobachtete, wie die Flut kam. Die Zwerge schrien und wanden sich. Suttung bat ihnen an, wenn sie ihm den Skaldenmet gäben, wäre Buße getan. Sie willigten ein und Suttung zog von dannen. Den Skaldenmet, welcher in drei mächtigen Kesseln aufbewahrt wurde, verbarg er im Berge Hnitbörg; und seine Tochter Gunnlöd sollte ihn bewachen.
Odins List
Die Götter erfuhren, was mit Kvasir geschehen war und in wessen Hand der Skaldenmet nun war. Sie waren sich einig, dass die Riesen diesen Schatz nicht haben durften, also zog Odin aus, um ihn zurückzufordern. Odin beobachtete den Hof des Riesen Suttung und erfuhr, dass dieser noch einen Bruder namens Baugi hatte. Baugi wiederum hatte neun Knechte, die das Korn auf den Feldern mit Sensen ernteten. Ein Plan reifte im Allvater heran und schnell setzte er ihn in die Tat um. Odin verkleidete sich und schärfte mithilfe eines magischen Wetzsteines die stumpfe Sense von einem der Knechte. Diese schnitt nun ohne Mühe und schneller. Alle Knechte baten nun um den Segen des Wetzsteines und Odin warf den Stein in die Luft und sah zu, wie Chaos ausbrach und die Knechte sich gegenseitig mit ihren Sensen hinrichteten. Am nächsten Tage besuchte Odin in Verkleidung den Riesen Baugi.
Baugi war verzweifelt, denn seine Knechte waren tot und er würde niemals rechtzeitig die Ernte einholen können. Odin bat Hilfe an. Im Gegenzug für einen Schluck vom Skaldenmet, den der Bruder des Riesen besaß. Baugi willigte ein. Würde Odin die Arbeit von neun Knechten an einem Tag erledigen, würde er mit seinem Bruder Suttung sprechen. Baugi glaubte nicht, dass Odin es schaffen würde, doch er tat es. Am Abend war die Ernte eingeholt und Odin verlangte seinen Lohn. Baugi brachte Odin zu Suttung. Doch als dieser von der Abmachung erfuhr, spottete er nur und jagdte Odin und Baugi fort. Odin aber überzeugte Baugi davon, ein Loch in den Berg zu bohren, sodass er wenigstens einen Blick auf den Skaldenmet werfen könnte.
Baugi tat es, doch gerade als das Loch gebohrt war, verwandelte Odin sich in eine Schlange und schlüpfte in das Loch – tief hinein in den Berg. Dort verwandelte er sich in einen schönen Mann und verführte drei Nächte und drei Tage lang die einsame Gunnlöd. Am vierten Tage machte Odin sich bereit zu gehen, doch Gunnlöd wollte ihn nicht ziehen lassen. Drei Schlücke des Mets würden Odin wieder zu Kraft kommen lassen und er könnte ewig bei Gunnlöd sein. Drei Schlücke würden kaum auffallen und so willigte Gunnlöd ein.
Doch zu deren Entsetzen waren die Schlücke des Gottes gierig und tief. Jeden der drei Kessel trank er in einem Zug aus. Sofort, als die Kessel leer waren, verwandelte er sich in einen Adler und flog davon. Gunnlöd blieb gebrochenen Herzens zurück. Doch ihr Vater Suttung hörte das Wehklagen seiner Tochter und als er den Adler mit dickem Bauche sah, wusste er, was geschehen war.
Suttung verwandelte sich ebenfalls in einen Adler und nahm die Verfolgung auf. Odin flog wie der Sturmwind nach Asgard, doch wurde er langsamer und langsamer. Die Asen sahen den Flüchtigen und dessen Verfolger. Sofort brachten sie Kessel ins Freie, war ihnen doch klar, was passieren würde. Suttung kam seinem Ziel immer näher und näher, doch gerade, als er Odin fast hatte, ließ der Allvater einen Schluck des Skaldenmets aus seinem Hinterteil. Suttung war überrascht von der Tat und stürzte geblendet in die Tiefe. Seitdem wurde er nicht mehr gesehen. Odin spuckte den Met in die bereit gestellten Kessel. Nur wenige Schlücke behielt er für sich. Seitdem war er der Gott der Dichtkunst und der Weisheit.
Danksagung
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Bild: https://www.sichtblick-fotografie.de/